25.08.2023

Erfahrungsbericht von Julian an der University of Otago

Vorbereitung & Organisation 

Ich habe mit der Vorbereitung für mein Auslandssemester ca. 1 Jahr vor Semesterbeginn begonnen. Von Anfang an war für mich klar, dass ich mein Auslandssemester im englischsprachigen Raum absolvieren wollte, und zwar in einem Land möglichst weit weg von Europa. Schnell wurde mir bewusst, dass Neuseeland das Ziel meines Auslandssemesters sein sollte, jedoch war mir noch nicht klar, an welche Universität ich gehen würde. Über eine Infoveranstaltung an meiner Uni bin ich auf den Studienberater GOstralia!-GOmerica! gestoßen, dessen strukturierte Webseite mir maßgeblich bei der Auswahl der Uni geholfen hat. 

Der Bewerbungsprozess lief unkompliziert ab. Das GOstralia!-GOmerica! Team nimmt euch hierbei liebevoll an die Hand und führt euch geduldig durch alle Formulare (Empfehlungsschreiben, Sprachnachweis, CV, Bewerbungsformular, Kopie des Reisepasses und andere Formalitäten). Auch bei Fragen stehen sie im direkten Kontakt zur Uni und fungieren praktisch als Vermittler zwischen euch (den Internationalen Studierenden) und der ausländischen Uni. 

Nach ein paar Wochen wurde mir dann ein Offer Letter zugeschickt, in dem mir ein Studienplatz gegen die Zahlung einer Studiengebühr angeboten wurde. Zeitgleich bekam ich Zugriff auf ein Studienverwaltungsportal „eVision“ über das ich mich auch später für meine Kurse angemeldet habe. 
Neben den Studiengebühren verlangt die Uni die Zahlung an die „hauseigene“ Auslandskrankenversicherung, die spezielle Krankheitsfälle abdeckt. Zwar ist es theoretisch auch möglich die eigene Auslandskrankenversicherung „anrechnen“ zu lassen, aber hier muss die Uni der Versicherung zustimmen und im Zweifel müsst ihr trotzdem die Uni-Versicherung zahlen, falls diese eure Versicherung nicht als ausreichend anerkennt. 

Im Anschluss an die Annahmebestätigung habe ich dann ein Studentenvisum bei der neuseeländischen Immigrationsbehörde beantragt und dies 3 Wochen später dann auch bekommen. 
Neben diesen unitechnischen Vorbereitungen habe ich mir im Vorfeld meiner Reise noch 2 Kreditkarten besorgt, die keine Transaktionsgebühren in einer anderen Währung haben und mit denen ich problemlos in Neuseeland alles zahlen konnte. 

Wohnen 

In Neuseeland selbst habt ihr 2 Möglichkeiten was eure Wohnsituation anbelangt. Ihr könnt entweder mit anderen Internationalen Studierenden in einem von der Uni bereitgestellten Haus wohnen – den sogenannten Uniflats - oder ihr wohnt privat in einer Wohnung oder WG. 

Je nachdem wann ihr nach Neuseeland kommt, könnten die Uniflats (zumindest finanziell) keinen Sinn mehr machen. Wenn ihr beispielsweise nur 3 Monate in Neuseeland seid, würdet ihr trotzdem für das volle halbe Jahr zahlen, was schnell mal teuer wird. Eine sicherlich günstigere Lösung wäre sich privat eine Wohnung zu suchen, allerdings ist dies eher schwierig, wenn ihr genau zur Orientation Week anreist, da dort natürlich schon alle Zimmer weg sind. 

Neue Wohnangebote von Zimmern in WGs kamen ca. einen Monat, nachdem die Uni begonnen hatte, rein. Es ist daher zu empfehlen sich im Vorhinein ein Zimmer zu sichern und zur Not nach einem Monat umzuziehen.
Schaut zu, dass eure WG nicht zu weit von der Uni entfernt ist, da die Uni Dreh und  Angelpunkt des Studentenlebens ist. Wenn ihr nach Zimmern sucht, schaut auf Facebook in Gruppen/Foren nach oder sucht bei "TradeMe". Wenn ihr bei der Wohnungssuche Hilfe braucht, könnt ihr auch immer die Ousa und das International Office anschreiben. 

Studentenleben in Neuseeland 

Aus kultureller Sicht ist man in Neuseeland viel freundlicher, offener, hilfsbereiter und weniger verklemmt. Manchmal wirkt diese Freundlichkeit schon fast aufgesetzt, so wird man von jedem gefragt, wie es einem geht, obwohl es die Person eigentlich überhaupt nicht interessiert (Hey, how are you?). 

Unter den Studenten gibt es sehr viele Atzen – Leute, die einfach ihr Leben leben und nicht großartig über die Folgen ihres Handelns nachdenken. Es sind aber alle immer sehr nett und höflich, wenn auch manchmal ein wenig verrückt. 

Da im Norden Dunedins praktisch ganze Viertel nur von Studenten bewohnt werden, gibt es praktisch jeden Tag Haus-Partys. Diese bekommt man aber nur dann mit, wenn man in dem Viertel in einer WG oder in Uniflats wohnt. Wenn ihr Downtown in einem Apartment wohnt, bekommt ihr vom Studentenleben nicht viel mit. Die Lage der Wohnung und die Leute, mit denen man zusammenwohnt, werden maßgeblich euer Studentenleben beeinflussen. 
 

Strand DunedinnaturPool


Dunedin

Dunedin ist eine kleine Stadt in der Region Southland im Süden Neuseelands. Die Stadt ist vor allem geprägt von kleinen typisch neuseeländischen Holzhäuschen. Dunedin ist sehr hügelig, lasst euch nicht von der Karte täuschen. Die Stadt wurde nach dem Vorbild einer englischen Stadt aufgebaut und die Stadtplaner haben komplett Hügel etc. außer Acht gelassen. Deswegen befindet sich in Dunedin auch die steilste Straße der Welt. Wer mit dem Auto mal hochfährt, wird eine ähnliche Sensation wie bei einem Flugzeug Start erleben. Im Norden der Stadt liegt der Campus der Uni umgeben von vor allem studentisch geprägten Vierteln. Im Viertel von St Kilda liegt der Strand von Dunedin an dem man super surfen gehen kann. Im Norden von Dunedin kann man gut Mountainbiken gehen. 

University of Otago 

Der Campus der University of Otago ist deutlich größer als der Campus der Frankfurt University of Applied Sciences und setzt sich aus einer Vielzahl an altertümlichen und modernen Gebäuden zusammen. Der Campus ist sehr gepflegt und man merkt, dass hier richtig Geld da ist. Abends patrouilliert auf dem gesamten Gelände security, die sogenannte campus watch. Auf dem gesamten Campus ist der 
Konsum von Alkohol verboten.

Im Herzen des Campus findet ihr den Union Lawn und die Cafeteria sowie die Bibliothek. In der Bibliothek findet ihr Ask Otago – ein Angebot der Uni an alle Studenten, um bei jeglichen Problemen den Studenten bei Seite zu stehen. Neben der Bibliothek findet ihr die OUSA (Otago University Student Association), die euch bei studentischen und außeruniversitären Fragen unterstützt. So gibt es eine Vielzahl von Clubs, denen ihr beitreten könnt, die auf freiwilliger Basis von Studenten geleitet werden. So gibt es beispielsweise einen Tennis Club der sich jeden Freitag für zwei Stunden zum Tennis spielen trifft, oder einen Otago University Snow Sports Club die im Winter Skitrips übers Wochenende organisieren. Ihr werdet vor allem über die Clubs und eure WG in das Studentenleben und das Leben am Campus reinfinden denn neben den Aktivitäten trifft man sich gerne auch nochmal untereinander und geht feiern. Aus unitechnischer Sicht bietet die Uni zu Beginn des Semesters eine sogenannte Orientation Week an, in der ihr über den Campus laufen und euch alle unitechnischen und außeruniversitären Angebote anschauen könnt. In der Orientation Week stellen sich auch die Clubs vor, die für das neue Semester nach Mitgliedern suchen. 

Nach der Orientation Week geht’s auch schon direkt mit den Vorlesungen los. Ihr habt eine Woche Zeit eure Paper noch zu wechseln, bevor ihr dann endgültig in den Kursen eingeschrieben seid. Die meisten Paper haben 2-3 Stunden/lectures pro Woche + Tutorien. Bei 4 Kursen, die ihr belegen müsst, kann der Stundenplan sehr schnell sehr voll werden, wenn ihr wirklich penibel dem Stoff nachgeht. Vom Schwierigkeitsgrad her ist der Stoff vergleichbar mit dem der FH, nur dass während des Semesters viel mehr Abgaben, die mit in die Endnote zählen, fällig werden.

Prüfungsphase 

In jedem Kurs, den ich belegt habe, mussten wir neben einer Endklausur mehrere Assignments abgeben. Sollte man ein Assignment verschlafen oder aus anderen Gründen nicht abgeben, fällt man automatisch durch den gesamten Kurs durch. Neben diesen dann doch sehr strikten Regeln hat mir die Fülle an Assignments zu schaffen gemacht. So hatte ich insgesamt 17 Assignments, die aus Aufsätzen, Gruppenarbeiten und Präsentationen bestanden und in denen ich insgesamt 20,000 Wörter geschrieben habe, bevor ich auch nur eine einzige der vier 3h Klausuren geschrieben hatte. Außerdem hatte ich noch eine 90-minütige Midterm Klausur in Finance. Der Lernaufwand über das ganze Semester war entsprechend groß und eher nicht so lustig. Mein Englisch ist sehr gut und trotzdem ist es mir schwergefallen eine solche Fülle an Aufsätzen zu schreiben. Wer sich also ein einfaches Auslandssemester erhofft, in dem er die vollen 5-6 Monate nur chillen kann ist hier an der falschen Adresse. Wer allerdings eines der schönsten Länder der Welt bereisen will und bereit ist sich 2 Monate lang aufzureißen, der ist an der University of Otago genau richtig. 

Reisen 

Wenn ihr Neuseeland bereisen wollt, tut ihr das am besten vor Semesterbeginn, in den Mid-Terms oder nach dem Semester. Die unmittelbare Umgebung könnt ihr allerdings auch schon in den ersten Wochen des Studiums bereisen, in denen man auch mal Vorlesungen ausfallen lassen kann und noch keine nennenswerten Assignments anstehen. Hier macht es vor allem Sinn entweder mit den Clubs Ausflüge zu machen oder mit der WG. Im Optimalfall hat einer ein Auto, sodass ihr zusammen irgendwo hinfahren könnt. Ich persönlich habe mir ein Auto gekauft und habe damit die unmittelbare Umgebung
erkundet (Otago peninsula, Queenstown, Southland). In den Midterms macht es durchaus Sinn eine längere Reise zu planen wie beispielsweise eine Reise zur und über die Nord Insel. Die Südinsel wie bspw. Queenstown, Wanaka oder Christchurch empfiehlt sich übers Wochenende zu bereisen. 


Kosten 

Der Elefant im Raum: was kostet der Spaß? Schon einmal vorweg: es ist nicht günstig. Ich habe alle Kosten, die ihr erwarten könnt, mal in einer Tabelle aufgeführt. Die Werte sind ein Richtwert und entsprechen in etwa den Kosten, die ich widerfahren habe. Diese sind somit individuell abhängig und je nach Lebensstandard verschieden. 

 

Studiengebühren7.000€
Flüge3.000€
Wohnen3.500€
Auslandsversicherung (Uni)300€
Visum240€
Verpflegung3.500-4.000€
Reisen2.000-3.000€


Ihr könnt folglich mit 20.000 Euro (individuell) für euer Auslandssemester rechnen. Wer in Neuseeland noch Skifahren gehen will oder nochmal nach Australien reisen möchte, kann da nochmal problemlos 2.000 – 3.000 Euro draufrechnen. Es empfiehlt sich darüber hinaus einen finanziellen Puffer auf dem Konto zu haben, sollten unerwartete Kosten entstehen. Wenn man nun beachtet, dass der DAAD Zuschuss nur etwa bei 1.000 Euro liegt, ist dies eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn man mehr Studierenden ein Auslandssemester in Neuseeland ermöglichen wollte, müsste man die Förderung erheblich aufstocken. 


Fazit 

Neuseeland ist von der Natur her neben der Schweiz und Norditalien das schönste Land, in dem ich jemals war. Die unberührte Natur kommt allerdings mit dem Preis, dass es fernab von allem liegt. Deswegen könnt ihr auch nicht mal ebenso nach Hause fliegen, wenn ihr Probleme habt. Es ist daher eine sehr gute Möglichkeit seine Persönlichkeit weiterzuentwickeln und zu wachsen. 

Man kann folglich schlussfolgern, dass ein Auslandssemester in Neuseeland ideal für diejenigen ist, die bereit sind, über sich hinauszuwachsen, die Herausforderung zu suchen und dafür mit der schönsten Natur belohnt zu werden, die die Welt zu bieten hat. Wer in seinem Auslandssemester die Füße hochlegen und chillen will, ist eher an der falschen Adresse.

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